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Wir machen Glauben erlebbar

30.01.2020, 14.25

Guido Estermann skizziert im folgenden Beitrag das spannungsreiche Verhältnis zwischen Religion und Schule. Er ist Leiter der Fachstelle Bildung-Katechese-Medien (BKM), welche Religionslehrpersonen berät und mit Aus- und Weiterbildungskursen unterstützt.

Geht es um Religion im Allgemeinen, sind Interessen, Emotionen und vielschichtige Erfahrungen im Spiel. Geht es um Religion und Schule ist das nicht viel anders. Zwar gibt es gesetzliche Bestimmungen, welche das Verhältnis offiziell regeln. Und trotzdem stellen sich Fragen, die nach konkreten Lösungen suchen.

Um was geht es?

Die religiöse Bildung in der Schule will Kindern und Jugendlichen die religiös-kulturellen Wurzeln der Gesellschaft eröffnen. Sie will ihnen damit eine Brücke bieten, dass sie die eigene Welt wahrnehmen, erschliessen, deuten und in ihr handeln können. Dieser Grundsatz ist pädagogisch unbestritten und nicht in Frage gestellt.

Aber wie umsetzen?

«Staatlicher Religionsunterricht»

Von den bildungspolitischen Vorgaben her ist die Sache geklärt. Es gibt zwei «Schienen», auf denen die religiöse Bildung passiert. Auf der einen Schiene «fahren» die staatlichen Lehrpersonen. Ihre Vorgaben und Unterstützung erhalten sie im neuen Lehrplan 21, wo die fachperspektive Ethik-Religion-Gemeinschaft kompetenzorientiert im Rahmen des Faches Natur-Mensch-Gesellschaft NMG beschrieben ist. Dies gilt für die 1.-6. Klasse. In der 7.-9. Klasse wird ein eigenes Fach Ethik-Religionen-Gemeinschaft umgesetzt. Entsprechend werden staatliche Lehrpersonen an den pädagogischen Hochschulen für diese Fachperspektive ausgebildet. Erfahrenere Lehrpersonen können sich in Weiterbildungskursen für diese Fachperspektive fit machen. Es nehmen alle Kinder daran teil, egal ob sie und welcher Religion sie angehören.

«Kirchlicher Religionsunterricht»

Auf der anderen Schiene «fahren» die kirchlichen Lehrpersonen. Sie unterrichten einen kirchlichen Religionsunterricht. Er kann konfessionell oder ökumenisch sein. Die Ausrichtung für diesen Unterricht ist im neuen kirchlichen Lehrplan für Religionsunterricht und Katechese LeRUKa beschrieben. Es geht um christlich orientierte Wertvermittlung und -entwicklung, um Identitätsbildung und um die Vermittlung der christlich-religiöser Weltdeutungen, die sich durch Geschichten, Kunst oder konkrete Lebensentwürfe von Menschen zeigen. Man vermittelt ein gesamtheitliches Glaubenswissen als Beitrag zum Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule. Der Unterricht kann von Kindern der reformierten und katholischen Kirche besucht werden. Bezahlt wird er von den Kirchen.

Es geht nicht darum, Kinder und Jugendliche in eine bestimmte Kirche hinein zu sozialisieren. Die kirchliche Beheimatung findet demgegenüber in pfarreilichen oder gemeindlichen Feldern statt. Dort ist der Ort, wo Begegnungen, Erfahrungen und kirchliches Leben erlebt wird.

Wo liegen die Stolpersteine?

Stolperstein «Möglichkeiten»

Für staatliche Lehrpersonen ist das Thema «Religion» nicht zuoberst auf der pädagogischen «Traktandenliste» – verständlich aufgrund der Vielfalt ihres Auftrages. Kommt hinzu, dass sie selbst teilweise unsicher sind, was denn zu vermitteln ist. Oder ihnen fehlt auch das nötige Fachwissen, weil die schmal dotierten Ausbildungen an den Pädagogischen Hochschulen für die Breite des erforderlichen Religionswissens nicht ausreichen. So fehlen Möglichkeiten.

Stolperstein «Haltung»

Kirchliche Lehrpersonen verstehen ihren Unterricht nicht immer als Vermittlung eines «gesamtheitlichen Glaubenswissen». Eher möchten sie den Unterricht so sehen, dass eine Beheimatung in eine bestimmte Kirche möglich wird. Ob dieser Ansatz jedoch tatsächlich wirksam ist, bleibt offen. Oft fehlen auch Angebote in den Pfarreien oder Gemeinden für die kirchliche Sozialisation und Beheimatung.

Stolperstein «Ansprüche»

Der Fächerkanon der Volksschule ist breit und die Zeitgefässe beschränkt. Die Frage stellt sich, wie staatliche und kirchliche Lehrpersonen ihren Teil der religiösen Bildung in dieser Situation umsetzen können. Die Ansprüche der Lehrpläne sind kaum umsetzbar.

Stolperstein «Blickwinkel»

Viele Blickwinkel, Meinungen und Überzeugungen spielen in die Diskussion hinein, manchmal geklärt, manchmal unbewusst. Das gilt letztlich nicht nur für Entscheidungsträger oder Lehrpersonen, sondern auch für Eltern, Kinder oder die Gesellschaft im Allgemeinen. Kommen die Fragestellungen dann auf die politische Bühne oder werden in der Presse diskutiert, kann es ideologisch werden.

Wie kann die Diskussion geführt werden?

«Zwei Schienen» wahrnehmen und Vorteile daraus ziehen

Setzt man die Grundausrichtung der religiösen Bildung in ihrer Ausrichtung auf den beiden «Schienen» um, ergeben sich für alle Beteiligten Vorteile. Es ist damit besser möglich, trotz der «Stolpersteine» doch redlicher mit der religiösen Bildung umzugehen.

Es «profitieren» fachlich alle Beteiligten

Die Kinder und Jugendlichen profitieren davon, dass sie eine religiös-kulturelle Bildung erhalten und sie damit die Vielfalt der Welt erkennen und deuten können. Sie bekommen die Chance, sich in der heutigen Welt zu orientieren. Staatliche Lehrpersonen können auch entlastet werden vom Beitrag der Kirchen. Und die Kirchen als Träger von Glaubenswissen können ihren gesellschaftlichen Beitrag wahrnehmen, ohne eine «geheime Agenda» der kirchlichen Beheimatung zu verfolgen. Diese wichtige kirchliche Beheimatung kann in der Pfarrei, Pastoralraum oder Gemeinde gelebt werden.

«Perspektive einnehmen», damit Lösungen gefunden werden

Kirchliche sowie staatliche Entscheidungsträger und Lehrpersonen nehmen die Perspektive der «zwei Schienen» ein, um konkrete Probleme der Planung, Umsetzung und Ausrichtung zu klären. Denn der Teufel liegt ja bekanntlich im Detail. Es braucht Schulräume, Zeitgefässe oder gegenseitige Absprachen. Wenn mit Wohlwollen und Respekt, in gegenseitiger persönlicher Achtung und fachlicher Wertschätzung diskutiert wird, können auch immer Lösungen vor Ort gefunden werden. Dazu braucht es die Bereitschaft aller, auch eigene Vorstellungen zu verändern.

 

Guido Estermann, Leiter Fachstelle Bildung-Katechese-Medien

Bildung-Katechese-Medien (BKM)

Diese Fachstelle der Katholischen Kirche Zug bietet Ausbildungs- und Weiterbildungskurse für Religionslehrpersonen an und verfügt über eine Fachmediothek mit rund 7’000 überkonfessionellen und kirchlichen Medien.
Kirchliche Religionslehrpersonen, katechetisch Tätige, Lehrpersonen des Kantons Zug und Studierende der Pädagogischen Hochschule Zug können kostenlos Lehrmittel und Medien für den Unterricht ausleihen. Die Fachstelle bietet fachdidaktische und pädagogische Beratung und Unterstützung an.

Fachstelle BKM
Bildung-Katechese-Medien
Landhausstrasse 15, 6340 Baar
T 041 767 71 30

www.fachstelle-bkm.ch

Montag-Donnerstag,
10-12 Uhr und 14 – 17 Uhr