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22.04.2021, 08.42

Die katholische und die reformierte Kirche haben Stellung zur Motion einiger Zuger Parlamentarier bezogen, welche die Kirchensteuern von Firmen im Kanton für freiwillig erklären wollen. Die Kirchen rechnen mit weitreichenden Folgen für die Gesellschaft.

Bereits zweimal – 2001 und 2005 – scheiterten Versuche, die Kirchensteuern für juristische Personen im Kanton Zug abzuschaffen. Nun startete die SVP-Fraktion Anfang Jahr erneut einen Anlauf, unterstützt von einigen FDP-Kantonsrätinnen und -räten. Die Argumentation: Steuerabgaben für juristische Personen seien verfassungsmässig fragwürdig. Unternehmen könnten keiner Konfession angehören und sich auch nicht auf das Grundrecht der Religionsfreiheit berufen. Ausserdem stören sich die Motionäre an der Einmischung der Kirchen in politische Angelegenheiten. Es gehe nicht an, Unternehmen zu kritisieren, von denen sie Gelder erhalten. Deshalb solle der Regierungsrat nun einen gesetzlichen Vorschlag erarbeiten, der die Firmen von der Kirchensteuerpflicht entlaste.

Kirchen stehen für Dialog mit der Wirtschaft

In einem Interview mit der Zuger Zeitung vom 21. April nahmen die beiden Kirchenpräsidenten Karl Huwyler und Rolf Berweger Stellung zur Motion. Schon mehrmals habe das Bundesgericht die angezweifelte Verfassungskonformität der juristischen Kirchensteuern bestätigt, argumentiert Karl Huwyler. Und zur politischen Einmischung kontert er mit dem Beispiel der Konzernverantwortungsinitiative: Keine einzige Zuger Kirchgemeinde habe sich dazu geäussert. Allerdings sei auch klar, dass man keine Maulkörbe verteilen könne. Den Kirchen gehe es um ein Zusammengehen mit der Wirtschaft, betont Rolf Berweger. Als leuchtendes Beispiel für den Dialog mit der Wirtschaft steht die Fachstelle «Forum Kirche und Wirtschaft». Seit bereits 11 Jahren ist sie erfolgreich unterwegs, mit regelmässigen und gut besuchten Veranstaltungen zu ethischen Themen in der Wirtschaft.

Soziales Auffangnetz würde grossmaschiger

Müssten die Kirchen tatsächlich auf die Steuern von Unternehmen verzichten, hätte das weitreichende Folgen für die Gesellschaft, sind sich die beiden Präsidenten einig. Insgesamt hätten die Kirchen dann Mindereinnahmen um die 29 Millionen Franken zu verkraften. Das entspricht rund 50 Prozent der gesamten Steuereinnahmen.
Unzählige soziale Engagements wären dadurch gefährdet. Die Kirchen haben in der Vergangenheit ihr diakonisches Wirken im Kanton breit ausgebaut und leisten heute einen substanziellen Beitrag zur Tragfähigkeit des sozialen Auffangnetzes. Sozialberatungsstellen, Alters-, Familien- und Jugendarbeit, Seelsorge für Menschen mit Einschränkungen, für Kranke in Spitälern, psychisch Kranke, Gefangene, Sterbende. Zu den sozialen Leistungen hinzu kommen kulturelle – für Musik, Chöre und identitätsstiftende historische Bauten – sowie diverse Weiterbildungsangebote. Sie alle könnten allenfalls nicht mehr finanziert werden.

Verlagerung von Verantwortlichkeiten mit ungewissen Folgen

Wollte der Kanton entstehende Lücken wieder schliessen, müsste er seinerseits die Steuern erhöhen, für natürliche wie auch juristische Personen, betonen die beiden Kirchenvertreter. Dabei ist nicht zu vergessen, dass die Kirchen mit ihren vielen freiwillig Mitarbeitenden – bei der katholischen Kirche sind es über 3000 im Kanton – über enorm wertvolle Ressourcen verfügen. Karl Huwyler berechnet den monetären Wert der Freiwilligenarbeit mit rund 12 Millionen Franken.

Aus Sicht der Kirchen würde die Motion das synergetische Wirken zwischen Kirche, Staat und Wirtschaft beschneiden und zu einer Verlagerung von Verantwortlichkeiten mit ungewissen Folgen führen. Rolf Berweger und Karl Huwyler sind zuversichtlich: «Die Kirchen vertrauen darauf, dass der Regierungsrat, der Kantonsrat und auch das Zuger Volk die Rolle der Kirchen nach wie vor würdigen und die Motion ablehnen.»

 

Bernadette Thalmann