19.05.2023, 11.21
Bei kühlen Temperaturen und winterlich ausgerüstet machten sich grössere und kleinere Gruppen aus verschiedensten Pfarreien im Kanton Zug mitten in der Nacht oder am frühen Morgen auf den Weg nach Einsiedeln.
Noch abends zuvor stand die fahrbare Kapelle in Oberägeri an der Delegiertenversammlung der Vereinigung der Kirchgemeinden, wo sie zu einem Moment der Stille inspiriert hatte. In der Nacht des Auffahrtstages stand sie schon ab 3 Uhr morgens als Raststätte an der Pilgerroute und lud jetzt zu warmer Suppe und Tee ein. Die Zuger Polizei sorgte mit Strassensperrungen bis in die Morgenstunden hinein für die Sicherheit der Pilgernden auf dem Weg über den Raten.
Hier ein paar Impressionen vom Tag:
Der Chamer Pfarrer Thomas Rey holte in seiner Predigt die Situation der Pilgerinnen und Pilger ab, die dreckig, verschwitzt und auch müde in der festlichen Barockkirche waren. Diesen «totalen Szenenwechsel» deutete er als beabsichtigt. Die festliche Kirche lasse uns in den Himmel schauen und die vielen Engel und Heiligenfiguren in der Kirche sollen daran erinnern, dass niemand alleine ist. «Durch die Taufe und die Feier der Eucharistie nimmt die Kirche uns alle in den Himmel hinein.»
Für grosse Augen sorgte bei Zaungästen der farbenfrohe Einzug zur Vesper am späteren Nachmittag: Den Reihen der Mönche schlossen sich neben den Verantwortlichen der Kirchgemeinden auch der Regierungsrat, der Zuger Stadtrat sowie Mitglieder des Bundesparlaments und Vertreter der Justiz der Prozession an, alle angeführt von Weibeln oder Weibelinnen im Ornat. Anschliessend waren alle zu einem Empfang bei Abt Urban im Kloster eingeladen.
Der Abt hatte sich vom Archivar das Tagebuch eines Mönchs aus dem 17. Jahrhundert bringen lassen. In diesem Tagebuch hatte der Mönch nicht nur minutiös festgehalten, was das Wetter gemacht hat, sondern auch der Abt. Wenn Letzteres für Erheiterung sorgte, sind die Notizen zum Wetter heute eine einzigartige historische Quelle zum Wetter der damaligen Zeit. In seinen Gedanken zeigte Abt Urban auf, wie das Wetter damals die Menschen und auch Entwicklungen in der Gesellschaft beeinflusste. Vieles davon ist auch in der heutigen Diskussion um das Klima wieder zu erkennen. Auch dass der Mönch damals die schlechte Qualität des Klosterweins bemängelte, stiess Jahrhunderte später auf Resonanz: Abt Urban kredenzte guten Wein aus dem eigenen Keller.
Traditionsgemäss klang die Wallfahrt für die Verantwortlichen aus Regierung und Kirche bei einem Imbiss im gemütlichen Rahmen aus.