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Wir geben einander Halt

26.05.2022, 10.18

Zum Thema «Freiheit im Strafvollzug» gab Dr. Frank Stüfen am 24. Mai in der CityKircheZug interessante Einblicke. Zum einen praktische aus dem Alltag als Gefängnisseelsorger, zum andern auch wissenschaftliche aus seiner Dissertation.

Frank Stüfens Erfahrungen sind nicht nur praktische Beispiele aus der Strafanstalt Pöschwies im Kanton Zürich, sondern auch wissenschaftlich erforscht. In seiner Dissertation «Freiheit im Strafvollzug» diskutiert er Forschungsergebnisse aus 40 Jahren Gefängnisseelsorge. Er vertritt die Ansicht, dass das theologische Konzept von Schuld, Strafe und Vergebung nicht mehr zeitgemäss ist. Das sieht man unter anderem daran, dass Täter, die ihre Strafe verbüsst haben, nicht mit offenen Armen von der Gesellschaft empfangen werden. «Sühne beginnt meistens erst nach der Haftentlassung», sagt Frank Stüfen.

Die Rolle der Väter in der Gewaltprävention

Aus christlicher Sicht ist es schwierig, Strafe zu legitimieren. Jesus lebt Gewaltfreiheit vor. Und aus der Ebenbildlichkeit Gottes lässt sich ableiten, dass Menschen die Freiheit haben, das zu tun, was Gott will und eine Umkehr jederzeit möglich ist. Frank Stüfen hat Täter immer wieder gefragt, ob ihnen vor der Tat bewusst war, dass sie einen Fehler begehen. Und fast alle bejahten. Karl Barth sagt dazu: «Was Gott will, weisst du immer ganz genau». Wie wichtig Väter in der Gewaltprävention sind, zeigt der Umstand, dass praktisch alle Täter keine oder eine schlechte Beziehung zum Vater leben, hingegen ein gutes Verhältnis zur Mutter pflegen.

Familie miteinbeziehen

Aus Opfersicht ist es meistens wichtig, dass Täter hart bestraft werden. Dem widerspricht der französische Philosoph Paul Ricoeur, der sagt, dass kein Übel damit ausgelöscht werden kann, wenn einem anderen Übel zugefügt wird. Frank Stüfen befürwortet eine explizite Opfer-Seelsorge. Er aber ist Gefängnisseelsorger, der den Menschen im Gefängnis auf Augenhöhe begegnet, Brüche in der Biografie thematisiert und die Versöhnung ins Zentrum stellt. Wichtig ist ihm auch das Engagement für Täterfamilien, die meistens mit-stigmatisiert sind. Zusammenfassend lässt sich mit Karl Barth sagen: «Die gerechteste Strafe ist die, welche die umfassendste Fürsorge für den Täter und die Gesellschaft bringt».

 

Gaby Wiss, CityKircheZug