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Wir machen Glauben erlebbar

07.11.2022, 13.21

«Ethik und Moral in der digitalen Welt» – diesem Thema widmete sich die Tagung des Forums Kirche und Wirtschaft von Anfang November in Kappel am Albis. Expertinnen und Experten waren sich einig, dass es Regulierungen braucht.

Die Parkuhr von gestern wurde mit Münz gefütter. Heute zahlen wir mit Twint. Das Parksystem weiss jetzt meine Handy- und meine Autonummer. Das Beispiel mag banal sein; es zeigt aber eine Entwicklung auf, hin zu digitalen und technologischen Systemen, die über den Menschen Bescheid wissen und diese Daten auch speichern. Benjamin Bargetzi, international anerkannter Experte für digitale Transformationsstrategien, zählte in seinem Referat noch mehr Beispiele auf, an denen heute geforscht wird: In Japan denkt man an Altersheime, in denen nur noch Roboter arbeiten. Oder die Sammlung von Gen-Daten der Menschen, welche uns mit Tipps zu einem gesünderen und längeren Leben versorgen – bis hin zum Gedanken an ein ewiges Leben. Oder in Kleidergeschäften werden Gesicht und Figur beim Eintritt gescannt; Roboter bringen die passenden Kleidervorschläge, und beim Verlassen des Geschäfts werden die Beträge gleich abgebucht, denn das gescannte Gesicht ist mit der Kreditkarte verbunden. Es braucht keine Verkäuferinnen oder Verkäufer mehr.

Im Digitalen entstehen neue Wirklichkeiten

Benjamin Bargetzi sprach in diesem Zusammenhang von der Fusion von Mensch und Maschine und von neuen intelligenten Systemen, die immer schneller werden. Es entstehen neue Wirklichkeiten durch das Zusammenwirken von virtueller und physischer Realität. Im digitalen Raum des Metaverse werden verschiedene Handlungsräume zu einer neuen Wirklichkeit vereinigt. Die Frage – so Benjamin Bargetzi – sei nicht, ob wir das wollten oder nicht, sondern, dass wir uns darauf vorbereiten müssten. Gerade dafür sei das menschliche Gehirn aber relativ schlecht geeignet; weil der Mensch erstens aus den Erfahrungen der Vergangenheit lerne und weil zweitens die Digitalisierung mit exponentieller Geschwindigkeit voranschreite. Allein das Tempo überfordert uns.

Technologie ist nicht neutral

Ethische Fragen müssen von Anfang an mitgedacht werden, betonte Peter G. Kirchschläger, Professor für Ethik an der Universität Luzern. Und Cornelia Diethelm, Dozentin an der Hochschule für Wirtschaft Zürich, ergänzte, dass Technologie nie neutral sei, weil sie mit den Menschen interagiere und das Leben beeinflusse. Die Gefahr sei, dass intelligente und miteinander vernetzte Systeme die einzelnen Menschen besser kennen als der einzelne Mensch sich selbst.

Für den Ethikprofessor ist daher klar, dass es Regulierungen braucht: «Die Menschenrechte müssen auch im digitalen Bereich durchgesetzt werden.» Dem widerspricht auch Benjamin Bargetzi nicht; nur weist er darauf hin, dass die Politik immer hintennach hinke. Dabei müssten wir doch vorausschauend agieren. Er setzt auf Rückmeldungen der Kundinnen und Kunden, die Eigenverantwortung, notwendige Regulierungen und die globale Zusammenarbeit. «Die Menschheit hat auf Krisen immer 5 Minuten nach 12 reagiert, jetzt muss die Menschheit angesichts der existentiellen Krisen 5 Minuten vor 12 agieren.»

 

Franz Lustenberger