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Wir bilden eine Gemeinschaft

08.02.2024, 10.22

Im Kirchengebälk knirscht es und auf grossen Druck hin beginnen sich in der Kirchenleitung langsam Verkrustungen zu lösen. Einem zaghaften Schritt vorwärts folgt jedoch oftmals kurz darauf mindestens ein Schritt wieder zurück. So geschehen in der Frage um die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare. Ein Kommentar, wie Segnen zu einer Haltung werden kann.

«Kirche mit Zug» ist seit zwei Jahren unterwegs und fragt sich, welche Kirche die Menschen im Kanton Zug brauchen, wohin Kirche sich bewegen muss, um sie abzuholen. Die Basis entwickelt Visionen und ist unterwegs. Bestenfalls gelingt es, dass Kirchenleitung und Basis mit einer gemeinsamen Vision unterwegs sind. Der «Inspirationsabend  für eine Kirche mit Zug» Mitte Januar war auf jeden Fall ein weiterer hoffnungsvoll und zuversichtlich stimmender Schritt in diese Richtung.

Von flehendem Vertrauen…

Weniger erbaulich ist es zu lesen, womit sich die vatikanische Glaubensbehörde beschäftigt. In der letzten Pfarreiblatt-Nummer fand sich ein Beitrag zum Dokument «Fiducia supplicans» (deutsch: Das flehende Vertrauen) und der Diskussion um die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare, die es ausgelöst hat. Dass die Meinungen weltweit auseinandergehen, war zu erwarten, denn während den Bischöfen in Europa die Frage der Segnung unter den Nägeln brennt, müssen sich ihre afrikanischen Kollegen der Herausforderung der weitverbreiteten Polygamie stellen. Mittlerweilen ist «Fiducia supplicans» anfangs Jahr um eine Erläuterung angereichert worden.

…und fehlenden Vertrauen

«Die Kurie im Vatikan hat über die Festtage gearbeitet. Leider, wie am 4. Januar klar wurde», schrieb der Theologe Odilo Noti in einem Kommentar in einer Walliser Zeitung. Nachdem kurz vor Weihnachten mit Billigung von Papst Franziskus die Tür für eine kirchliche Segnung gleichgeschlechtlicher Paare einen Spalt breit geöffnet wurde, ruderte anfangs Jahr der oberste Glaubenshüter wieder zurück. Allen Ernstes gab er in einer Medienmitteilung zu überlegen, wie lange eine Segnung dauern darf – und kam auf 10 oder 15 Sekunden. Eine Erklärung dafür, weshalb es nicht auch 20, 30 oder mehr Sekunden sein dürfen, blieb er schuldig. Zum Glück, er hätte sonst vermutlich noch grotesker illustriert, was die oberste Kirchenleitung in einer Zeit beschäftigt, da das Image der Institution im Allzeittief und arg ramponiert ist.

Die ausgetretene Kirche

Der Pastoraltheologe Rudolf Vögele hat vor einigen Jahren ein Büchlein mit dem Titel «Die ausgetretene Kirche» geschrieben. Darin geht es ihm nicht nur um ausgetretene Pfade der Kirche, sondern vielmehr um die Wahrnehmung, dass die Kirche aus dem Leben vieler Menschen ausgetreten ist. Er plädiert deshalb für ein anderes Verständnis von «glauben».

Der Segen mit dem Kreuz

Mit dem Aschermittwoch beginnt die Zeit der Busse und der Umkehr. Während 40 Tagen besinnen wir uns auf das, was im Leben wirklich wesentlich ist und schaffen im Verzichten Zeit für unsere Beziehung zu Gott. Befreit von überflüssigem seelischem Ballast schenkt das österliche Fest des Lebens neue Hoffnung. Diese befreiende Botschaft sollen wir nicht nur hören, sondern auch leben und feiern. Als Getaufte haben wir Anteil am königlichen, priesterlichen und prophetischen Amt Christi und damit den Auftrag, anderen zum Segen zu werden. Das lateinische Wort für segnen, «benedicere», bedeutet im eigentlichen Sinn des Wortes «etwas Gutes sagen». Was kann ich dem Menschen mir gegenüber ermutigenderes zusagen als einen Segen? Eben.

In der aktuellen Diskussion ist es wahrlich ein Kreuz mit dem Segen. Machen wir es doch gerade in dieser Fastenzeit umgekehrt: Schenken wir Segen mit dem Kreuz. Aus tiefster Verbundenheit im Herzen. Und ohne Blick auf den Sekundenzeiger.

Arnold Landtwing